Konjunkturrisiken gefährden das Zahlungsverhalten

Das Zahlungsverhalten in Deutschland hat sich verschlechtert. Im 1. Halbjahr 2022 verzeichneten Lieferanten und Kreditgeber im B2B-Geschäft einen durchschnittlichen Zahlungsverzug von 10,51 Tagen (2. Halbjahr 2021: 9,97 Tage).

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Creditreform Wirtschaftsforschung auf Basis von rund 3,9 Mio. Rechnungsbelegen aus dem Creditreform Debitorenregister Deutschland (DRD). „Viele Unternehmen haben derzeit mit erheblichen Kostensteigerungen zu kämpfen, die Ertrag und Liquidität belasten“, kommentierte Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung, die aktuellen Daten. Kreditnehmer würden ihren Zahlungsverpflichtungen zum Teil nur noch verspätet nachkommen. Die Gefahr eines Zahlungsausfalls sei in den letzten Monaten stark gestiegen. Verschlechtert habe sich das Zahlungsverhalten aktuell vor allem in den Industriesektoren.

Zahlungsziele stark gekürzt, Rechnungswerte steigen
Die Kreditgeber haben ihre Zahlungsziele im 1. Halbjahr 2022 deutlich beschnitten. Im Durchschnitt wurde den Kunden ein Zahlungsziel von noch 29,80 Tagen gewährt (2. Halbjahr 2021: 30,71 Tage). Das ist der niedrigste Stand seit 2015. „Im Zuge der verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mussten die Kreditgeber reagieren“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch. Eine Kürzung der Zahlungsfrist sei ein Mittel, um den Zahlungseingang zu beschleunigen und die Gefahr von Zahlungsausfällen zu minimieren. Vor allem Rechnungsempfängern aus dem Einzelhandel, dem Metall- und Elektrogewerbe sowie dem Verkehrsgewerbe seien die Zahlungsziele zuletzt spürbar gekürzt worden. Dienstleister hätten gegen den Trend mehr Zeit eingeräumt bekommen.

Die Forderungslaufzeit, die sich aus dem vereinbarten Zahlungsziel und dem Zahlungsverzug zusammensetzt, verringerte sich infolge dieser Entwicklungen auf 40,31 Tage (2. Halbjahr 2021: 40,68 Tage). Diese Kennzahl bildet die Dauer
zwischen dem Zeitpunkt der Leistungserbringung und dem Zahlungseingang ab.

Der durchschnittliche Wert von verspätet bezahlten Rechnungen lag im 1. Halbjahr 2022 annähernd wieder auf Vor-Corona-Niveau. Im Durchschnitt betrug der Rechnungswert in den Monaten Januar bis Juni 2022 2.107 Euro (2. Halbjahr 2021: 2.102 Euro). „Darin spiegeln sich allerdings auch inflationäre Entwicklungen, die die Umsätze nominal steigen lassen“, betonte Hantzsch. Zudem wirke sich auch die Erholung der Geschäftsbeziehungen nach dem Auslaufen der Corona-Beschränkungen positiv auf die Rechnungssummen aus.

Kleinunternehmen bekommen höhere Bedeutung für das Forderungsmanagement
Kleinunternehmen (bis 50 Beschäftigte) verursachten im 1. Halbjahr 2022 etwa ein Viertel (26,1 Prozent) des gesamten offenen Forderungsbestandes in Deutschland. Dieser Anteil hat zuletzt spürbar zugenommen (2. Halbjahr 2021: 23,2 Prozent). In Gegenzug nahm die Bedeutung von Großunternehmen (mehr als 250 Beschäftigte) ab. Im 1. Halbjahr 2022 verursachte diese Unternehmensgrößenklasse bei ihren Kreditgebern 60,5 Prozent aller Außenstände (2. Halbjahr 2021: 61,6 Prozent). „Das Kreditmanagement von Lieferanten und anderen Gläubigern muss sich auf die neuen Entwicklungen einstellen und bedarf gerade jetzt im Konjunkturabschwung einer stärkeren Aufmerksamkeit“, betonte Creditreform Sprecher Hantzsch. Auch kleine Transaktionsvolumina sollten gegen Ausfälle abgesichert werden. Der Zahlungsverzug von kleinen Firmen erhöhte sich im 1. Halbjahr 2022 auf 12,08 Tage. Großkunden zahlten ihre Rechnungen im Durchschnitt 9,62 Tage verspätet.

Mangelhafte Zahlungsmoral der UG
Unternehmen der Rechtsform UG (haftungsbeschränkt) verursachten im 1. Halbjahr 2022 einen Zahlungsverzug von 18,76 Tagen – das sind 1,67 Tage mehr als in der Vorperiode. Zum Vergleich: Die Überfälligkeit von Debitoren der Rechtsform GmbH lag zuletzt bei 10,82 Tagen. Auch hier war allerdings ein Anstieg zu konstatieren (+ 0,51 Tage). Der Anteil der Rechtsform GmbH am gesamten offenen Forderungsvolumen ist zuletzt auf 60,4 Prozent gestiegen (2. Halbjahr 2021: 57,7 Prozent). Die UG hat aufgrund der geringen Zahl an Geschäftskontakten und oftmals niedriger Rechnungswerte nur geringe Bedeutung für das Forderungsmanagement.

Datenbasis Creditreform Zahlungsindikator Deutschland:

  • Zu rund 1,04 Mio. Unternehmen liegen Zahlungsinformationen im Debitorenregister Deutschland (DRD) vor.
  • Die Zahlen zum Zahlungsindikator beruhen auf überfälligen, aber ausgeglichenen Belegen.
  • Ein Belegvolumen von rd. 79 Mrd. Euro zu 1.160 Branchen wird in Deutschland analysiert.
  • Monatlich gibt es aktuell 20,1 Millionen neue Zahlungsinformationen

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Creditreform Kassel / Fulda Schlegel & Busold KG
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