Frank Dittmar

„Die Verunsicherung bei den Handwerksbetrieben in Nord-, Ost- und Mittelhessen ist deutlich zu spüren und sie nimmt stetig zu“, konstatierte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, anlässlich der 146. Vollversammlung, die heute im Berufsbildungszentrum Kassel in Kassel-Waldau stattfand. „Das führt dazu, dass sie Zukunftsinvestitionen zurückstellen. Die sind aber gerade jetzt dringend erforderlich, um den Betrieben mittel- und langfristig wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen.

Die deutlich gesunkenen Erwartungen der Betriebe, die die Konjunkturumfrage der Kammer für das Jahresende über fast alle Branchen hinweg ergeben hatte, sind für Dittmar Beleg dieser Entwicklung. Dabei, auch darauf wies er hin, sei die Befragung vor Ausbruch des Krieges in Nahost und der Haushaltsmisere der Bundesregierung erfolgt. „Angesichts der konjunkturellen Lage und einer sich immer weiter zuspitzenden Krise am Bau sind zielgerichtete Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dringend geboten“, so der Kammerpräsident.

Das Wachstumschancengesetz sei ein wichtiger Baustein, um Investitionen zu stärken, Wachstum zu fördern und Entlastungen umzusetzen. „Dass das Gesetz nicht die erforderliche Zustimmung des Bundesrates erhalten hat, ist für unseren Wirtschaftsstandort daher ein Rückschlag.“ Deshalb laute die Forderung des Handwerks an die Politik: „Die nötigen Rahmenbedingungen sind schnellstmöglich zu schaffen, damit die dringend nötigen Investitionen auch getätigt werden können. Planungs- und Rechtssicherheit sind für die Betriebe des Handwerks essentiell. Statt Streit brauchen wir schnell und klar das Signal, dass Investitionen in die Zukunft Vorrang haben!“ Dabei wünsche sich das Handwerk eine Förderpolitik, die weder hektisch noch ideologisch ist, sondern die Wirtschaft zielgerichtet unterstützt.

Damit die anstehende Transformation der Wirtschaft gelinge, brauche es aber auch dringend einen Abbau der überbordenden Bürokratie. „Als Handwerk beklagen wir seit vielen Jahren, dass die Bürokratielasten unseren Betrieben die Luft zum Atmen und jungen Menschen die Lust an der Selbständigkeit nehmen. Mit dem diesjährigen Bericht des Normenkontrollrats haben wir nun die offizielle Bestätigung, dass die Bürokratielasten im vergangenen Jahr ein Rekordniveau erreicht haben. Dieses Ergebnis ist verheerend!“ Deshalb fordere das Handwerk mehr Mut zur Lücke. „Die Politik muss sich von der Vorstellung verabschieden, mit einem Gesetz jeden einzelnen Fall zu berücksichtigen. Nötig sind weniger, aber dafür praxistaugliche Gesetze.“

Der Bürokratieabbau sei auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung wichtig. „Angesichts der steigenden Zahl von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ihre Betriebe in den kommenden Jahren aus Altersgründen werden übergeben oder schließen müssen, können wir es uns nicht leisten, dass sich junge Menschen wegen der großen Bürokratielasten gegen die Selbständigkeit entscheiden“, sagte Dittmar weiter.

Dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel begegne das Handwerk selbst mit verstärkten Ausbildungsanstrengungen. Mit einem Plus bei den neu eingetragenen Ausbildungsverträgen von 9,4 Prozent Ende September ist die Zahl der jungen Menschen, die 2023 in Nord-, Ost- und Mittelhessen mit einer Ausbildung im Handwerk beginnen, in Jahresfrist von 2.635 auf 2.884 gestiegen und liegt wieder auf Vor-Corona-Niveau. Damit verzeichnet die Kammer Kassel den größten Zuwachs im Handwerk in Hessen, wo die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge von 9.376 in 2022 auf 10.037 in 2023 und damit um 7 Prozent gestiegen war.

„Wir unterstützen unsere Betriebe dabei vor allem im Bereich der Berufsorientierung und der Nachwuchswerbung mehr denn je. Das ist wichtig, denn Jugendliche tun sich heute extrem schwer bei der Berufswahl. Daher freut es uns, dass auch die Kommunen erkennen, dass verstärkte Berufsorientierungsmaßnahmen für Schülerinnen und Schüler notwendig sind. Die Initiative des Landkreises Kassel für ein Berufsorientierungszentrum begrüßen wir deshalb sehr. Die Beteiligung unserer Kammer haben wir in der vergangenen Vollversammlung beschlossen.“

Sorge, so Dittmar weiter, bereite dem Handwerk die Tatsache, dass die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsausbildung bundesweit auf den Rekordwert von 2,6 Millionen gestiegen sei. Gleichzeitig wachse auch die Zahl der jungen Menschen, die über einen Universitäts- oder Hochschulabschluss verfügen, beständig. „Wir müssen also alles dafür tun, dass sich diese Bildungsschere nicht weiter öffnet, sondern möglichst wieder schließt. Unsere Zahlen verdeutlichen, die Handwerksbetriebe tragen ihren Teil dazu bei. Umkehren können wir diese Entwicklung aber nicht allein. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der es unabdingbar ist, dass die Politik auf allen Ebenen die richtigen Rahmenbedingungen schafft. Denn diese Bildungsschere ist nicht zuletzt auch eine Gefahr für unsere Demokratie.“

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