Fleischereihandwerk

Die Bilanz des Ausbildungsjahres 2023/2024 legten heute die Agentur für Arbeit Kassel, die Handwerkskammer Kassel und die IHK Kassel-Marburg vor. Dazu teilten sie jeweils ihre aktuellen Zahlen mit und beurteilten die Entwicklung des Ausbildungsmarkts in der Region. Insgesamt stellt die Sicherung von Nachwuchskräften die Unternehmen in Nord-, Ost- und Mittelhessen nach wie vor vor große Herausforderungen. Die Suche nach Bewerberinnen und Bewerbern gestaltet sich angesichts einer anhaltend hohen Studierneigungen junger Menschen zunehmend schwieriger. Deshalb geht es für die drei Ausbildungsakteure im Agenturbezirk Kassel (Stadt Kassel sowie die Landkreise Kassel und Werra-Meißner) nach wie vor darum, ihre eigenen Anstrengungen zu verstärken und die Unternehmen dabei zu unterstützen, trotz aller Schwierigkeiten weiterhin auf die Ausbildung junger Nachwuchskräfte zu setzen.Agentur für Arbeit Kassel: Herausforderungen am Ausbildungsmarkt steigen
„Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt zeigt uns auch in diesem Jahr einige Herausforderungen und wichtige Trends auf“, fasst Michael Schubert, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Kassel den Ausbildungsmarkt 2023/24 zusammen. „Trotz eines leichten Rückgangs bei der Zahl der Bewerber um 0,4 Prozent – das sind 12 Personen weniger als im Vorjahr – verzeichnen wir auch beim Angebot an Ausbildungsstellen ein Minus von 2,3 Prozent. Auf 100 Ausbildungsstellen kommen derzeit etwa 89 Bewerber“, resümiert der Arbeitsmarktexperte. „Besonders auffällig ist, dass sowohl die Zahl der unversorgten Bewerber als auch die Zahl der unbesetzten Stellen deutlich gestiegen ist. Die Zahl unversorgter Bewerber ist um 27,8 Prozent gestiegen und zugleich blieb die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen mit 224 Stellen 40 Prozent höher als im letzten Jahr. Hier zeigt sich ein klares Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.“

Eine gezielte Unterstützung von Unternehmen und Jugendlichen bleibe dringend notwendig, um Ausbildungsangebote und -nachfrage besser in Einklang zu bringen. „Einer der Gründe für die hohe Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen könnte ein Mangel geeigneter Bewerbungen sein. Eine verstärkte Flexibilität in den Auswahlprozessen kann hier hilfreich sein, um auch jungen Menschen mit bisher weniger guten Chancen einen Berufsstart zu ermöglichen“, plädiert Schubert. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber sank im aktuellen Ausbildungsjahr um 0,4 Prozent auf 2.843 Personen (minus 12 Bewerber). Mit 3.375 Ausbildungsstellen sank auch das Angebot für die Bewerber um 79 Stellen oder 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Am Ende gab es 161 unversorgte Bewerber. Das sind 35 Personen mehr als im Vorjahr (plus
27,8 Prozent). 224 Ausbildungsstellen blieben unbesetzt und damit 64 Stellen mehr als im Ausbildungsjahr 2022/23 (plus 40 Prozent).

  • Für die Stadt Kassel zeigt die Jahresbilanz 1.811 gemeldete Berufsausbildungsstellen (plus 12 oder 0,7 Prozent) und 1.200 Bewerber (minus 40 oder 3,2 Prozent).
  • Im Kreis Kassel suchten die heimischen Betriebe mit 1.010 Ausbildungsstellen nach passenden Bewerbern (minus 68 oder 6,3 Prozent). Hier gab es 1.084 Ausbildungssuchende (plus 35 bzw. 3,3 Prozent).
  • Der Werra-Meißner-Kreis zählt im aktuellen Ausbildungsjahr 554 Berufsausbildungsstellen (minus 23 oder 4,0 Prozent). Mit 559 Bewerbern ist die Zahl der Suchenden geringfügig gesunken (minus 7 oder 1,2 Prozent).

Die meistgesuchten Auszubildenden im gesamten Agenturbezirk sind mit 226 Stellen der/die Kaufmann/-frau im Einzelhandel, der/die Verkäuferin mit 202 Stellen und mit einigem Abstand der/die Kaufmann/-frau – Büromanagement mit 139 Stellen. Danach folgen der/die Fachkraft – Lagerlogistik (135 Stellen) und Industriemechaniker/in (134 Stellen). Die meisten unbesetzten Ausbildungsstellen bleiben für die Ausbildungsberufe Handelsfachwirt/in mit 41 Stellen, Verkäufer/in mit 25 Stellen und Kfm. – Versicherungen/Finanzanlagen mit 20 unbesetzten Stellen.

Die TOP-5-Ausbildungsberufe der Bewerberinnen und Bewerber führt der Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau für Büromanagement mit 173 Bewerbern an, danach folgt der/die Kraftfahrzeugmechatroniker/in – PKW-Technik mit 159 Bewerbern. Mit einigem Abstand folgt der/die Medizinische/r Fachangestellte/r (119 Bewerber), Verkäufer/in (115 Bewerber) und Industriemechaniker/in (84 Bewerber). Der meistgewählte Ausbildungsberuf der männlichen Bewerber ist der Kraftfahrzeugmechatroniker – PKWTechnik mit 150 Bewerbern. Der meistgewählte Beruf für die Bewerberinnen ist die Kauffrau für Büromanagement mit 120 Bewerberinnen.

HWK: Die Ausbildungsbereitschaft im Handwerk bleibt groß
„Nach dem starken Anstieg von gut neun Prozent im vergangenen Jahr verzeichnet das Handwerk in Nord-, Ost- und Mittelhessen 2024 einen Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge“, berichtete Sabine Aue, Leiterin der Abteilung Berufsbildung der Handwerkskammer Kassel. Bis Ende September haben 2.752 junge Menschen mit einer Ausbildung im Handwerk begonnen, im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 132 Verträgen oder 4,6 Prozent. „Damit liegt diese Zahl in der Schwankungsbreite der letzten Jahre, die Ausbildungsbereitschaft unserer Betriebe ist nach wie vor groß.“

Als einen Grund für die rückläufigen Zahlen nannte sie die Tatsache, dass vor allem kleine Betriebe nicht in jedem Jahr neue Azubis einstellen. „Eine wesentliche Rolle spielen natürlich auch die hohe Studierneigung junger Menschen und die rückläufigen Zahlen der Schulabgänger.“ Beide Entwicklungen stellten die Betriebe nach wie vor vor große Herausforderungen bei der Nachwuchswerbung. Deshalb hat die Kammer erneut die Unterstützung der Betriebe verstärkt und
setzt auf verschiedene neue Maßnahmen. Um die Ausbildungsplatzsuche für Schülerinnen und Schülern, beziehungsweise die Bewerbersuche für die Betriebe zu vereinfachen, hat die Kammer ihre Ausbildungsplatz- und Praktikumsbörse ausgebaut. Auf diesem Weg wurden Hürden für die jungen Menschen gesenkt, denn die Bewerbung bei den Betrieben kann jetzt deutlich vereinfacht direkt über die Börse erfolgen. Ferner stellt die Börse zahlreiche weitere Funktionen zur Verfügung, mit denen beispielsweise die Betriebe ihre Nachwuchssuche
einfach und übersichtlich managen können. „Da das Praktikum für viele Schülerinnen und Schüler der wichtigste Faktor bei der Berufsorientierung ist, führt unsere Börse nun auch schneller und einfacher zu einem Praktikumsplatz“, erklärte Aue.

Mittlerweile sei die Kammer mit ihrer Berufsorientierung auch an Gymnasien vertreten und werbe dort erfolgreich für eine Ausbildung im Handwerk. Darüber hinaus sei die Ausbildungsberatung der Kammer in vielen lokalen Bildungsnetzwerken vertreten, um auf die Angebote der Kammer hinzuweisen und auf die Möglichkeiten aufmerksam zu machen, die eine Ausbildung im Handwerk bietet.

Um die Qualität der Ausbildung in den Betrieben weiter zu erhöhen, halte die Kammer weiterhin eine Qualifizierung der Ausbildenden zu AzubisCoaches bereit. Den Auszubildenden biete die Kammer die Qualifizierung zum Azubi-Boschafter an und professionalisiert sie so für die Nachwuchswerbung der Betriebe. „Da unsere Betriebe nach wie vor auf die Ausbildung der eigenen Fachkräfte setzen, werden beide Angebote gut angenommen“, berichtete die Bildungsexpertin. „Vor allem die Qualifizierung zum Azubi-Botschafter ist stark nachgefragt.“

IHK: Duale Ausbildung als Karrieresprungbrett – Ausbildung sichert junge Fachkräfte von Morgen

Im Jahr 2024 haben die Unternehmen im IHK-Bezirk Kassel-Marburg 4.585 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen und können damit das hohe Niveau aus 2023 nahezu halten. Demnach ist die Zahl der neuen Verträge gegenüber 2023 um drei Prozent zurückgegangen. Allerdings hatte die IHK im Vorjahr bereits ein Plus von 6,1 Prozent verzeichnet. Hessenweit sank jedoch die Zahl der Neuabschlüsse bei den IHKs um durchschnittlich knapp fünf Prozent. Unterschiede gab es auch bei den einzelnen Berufsgruppen. Während die neuen Ausbildungsverträge in den gewerblich-technischen Berufen um 4,6 Prozent gesunken sind, konnten die kaufmännischen Berufe das Vorjahreshoch annährend halten (- 0,8 %). Einzelne Berufsgruppen haben sogar einen starken Zuwachs zu verzeichnen: Das Plus im Hotel- und Gaststättengewerbe liegt bei 7,7 Prozent. In der Versicherungsbranche stieg der Anteil der Ausbildungsverhältnisse um über 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

„Bezieht man ein, dass wir in Zeiten von Fachkräftemangel und hoher Studierneigung unterwegs sind und noch immer mit den Nachwirkungen der Corona-Krise zu kämpfen haben, sind über 4.600 neue Ausbildungsverträge positiv zu bewerten“, kommentiert der IHK-Bereichsleiter Ausund Weiterbildung, Dr. Thomas Fölsch, die Ausbildungsbilanz 2024. Spannend ist seiner Ansicht nach, wie sich diese herausfordernden, teilweise auch unsicheren Zeiten auf junge Ausbildungsinteressierte auswirken: „Ich halte es für keinen Zufall, dass besonders die Ausbildungsberufe in der Versicherungsbranche aktuell besonders beliebt sind.“ Außerdem sei dieser Beruf erst im Jahr 2022 modernisiert worden: „Das sichert nicht nur aktuelle Ausbildungsinhalte, sondern sorgt auch für mehr Strahlkraft und Sichtbarkeit.“

Die Unternehmen in der Region und in Hessen stehen weiterhin vor einer großen Herausforderung: Sie können ihren Bedarf nicht vollständig mit passenden Auszubildenden decken, trotz guter Ausbildungsgehälter und zusätzlicher Vorteile für zukünftige Fachkräfte. Langfristig wird das den Fachkräftemangel verschärfen. „Gerade jetzt ist es wichtig, jungen Menschen die duale Ausbildung als Karrieresprungbrett zu zeigen“, betont Dr. Thomas Fölsch. Die Karrierechancen mit einer Ausbildung als solide Basis sind heute besser denn je: „Durch die Kombination aus Theorie und Praxis schließen Azubis ihre Ausbildung als fertige Fachkräfte ab und können direkt in den Beruf einsteigen. Studierende hingegen benötigen oft mehr Zeit für die Einarbeitung.“ Das hat nicht nur finanzielle, sondern auch zeitliche Vorteile: „Wer früh mit einer Fort- oder Weiterbildung beginnt, kann auch finanziell schneller voran-kommen. Zudem können Interessierte über den beruflichen Bildungsweg Abschlüsse auf Bachelor- oder Masterniveau erreichen. Mit einer dualen Ausbildung stehen also alle Türen
offen.“

Das Netzwerk, das Auszubildende ab ihrem ersten Arbeitstag im Betrieb aufbauen, ist außerdem wertvoll: „Das macht die Ausbildung zur derzeit effektivsten Möglichkeit für einen Karrierestart“, ist Dr. Thomas Fölsch überzeugt. Ziel sollte es sein, die duale Ausbildung als attraktive Alternative zum Studium sichtbarer zu machen: „Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist unsere bundesweite DIHK-Ausbildungskampagne, die in der Region Kassel-Marburg zum Beispiel mit einer Straßenbahn und einem Bus wirbt.“ Außerdem wirbt die IHK Kassel-Marburg mit dem YouTube Channel „AzuPOV“, der Ausbildungsberufe und den Ausbildungsalltag aus Sicht der Auszubildenden zeigt.

Kontakt:

Handwerkskammer Kassel
Scheidemannplatz 2
34117 Kassel

Email: barbara.scholz@hwk-kassel.de
Internet: www.hwk-kassel.de